"500 Euro pro Woche verzockt"
Unter diesem Titel berichtete der Bonner General-Anzeiger in seiner Ausgabe vom 31.07.2012 über GAME OVER, unsere Fachambulanz für Spieler. Ebba Hagenberg-Miliu schreibt in diesem Artikel:
Spielsucht in Bonn
Immer mehr Jugendliche glücksspielsüchtig
Rund 4000 Menschen in Bonn und der Region sind glücksspielsüchtig. Einer davon ist Martin (18). Er kommt von den Automaten nicht mehr los und hat sienen Ausbildungsplatz verloren. Hilfe und Beratung gibt es beim Projekt "Game Over".
Das erste Mal war Martin einfach nur neugierig. Wie mochte das sein, an einer Spielhalle an einem Automaten innerhalb von ein paar Sekunden Gewinn zu machen, ja Glück zu spüren? Da war Martin 16 und damit minderjährig. Kontrolliert habe ihn in der Halle aber niemand. Inzwischen ist er 18, kommt von den Automaten nicht mehr los und hat deshalb seinen Ausbildungsplatz verloren.
Martin hatte erst seine Mutter bestohlen, um an immer mehr Geld für seine Sucht zu kommen. Schließlich wurde er straffällig, bekam Bewährung - und die Auflage, beim Motivationskursus der Bonner Fachambulanz für Spieler "Game Over" teilzunehmen. Ob nach den Unterrichtseinheiten die Sucht vorbei ist? "Ich hoffe, der Junge nimmt etwas daraus mit in seinen Alltag, und wir sehen ihn hier nicht wieder", sagt Bernd Uellendahl, Diplom-Sozialarbeiter, der die von Caritas und Diakonischem Werk getragene Ambulanz mit seiner Kollegin Uta Geier-Völlmecke leitet.
Rund 4000 Menschen in Bonn und der Region sind glücksspielsüchtig. Offiziell. Nach dem aktuellen Bericht der Bundesdrogenbeauftragten Mechthild Dyckmans steigt die Zahl der betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsene drastisch. "In unserer Bonner Fachambulanz ist inzwischen jeder fünfte Klient unter 20 Jahre alt", berichtet Uellendahl. Neben Glücksspielautomaten und Spielbanken seien es auch die entsprechenden Internetangebote, die immer mehr junge Menschen in die Sucht und den Ruin trieben.
"Betroffen sind ja nicht nur die Spieler selbst, sondern auch die Partner, ganze Familien." Am meisten litten die Kinder, wenn die Eltern Spieler sind. "Deshalb legen wir auch besonderen Wert auf die Unterstützung der Angehörigen", so der Suchtexperte.
Bei seinem Start 2007 beriet "Game Over" 25 Bonner Süchtige. 2009 waren es schon 53 Betroffene sowie zehn Angehörige. 2011 stieg die Zahl auf 120 zu beratende Süchtige und 26 Angehörige. "Vom Spiel abhängig werden zu 90 Prozent Jungen", rechnet Uellendahl vor. Aber ansonsten greife kein Raster: nicht das der sozialen Zugehörigkeit, der Nationalität oder des Bildungsstands. Er habe mit seiner Kollegin vor kurzem eine Berufsschulklasse mit 18- bis 20-Jähriger besucht. Und da hätten sie mit Schrecken gemerkt, dass fast alle jungen Männer schon jahrelange Spielhallenerfahrung vorwiesen. Die Sucht gehe oft schon mit 14 Jahren los.
"Derjenige ist abhängig, der sein Verhalten nicht mehr kontrollieren kann, bei dem das Spiel den Alltag bestimmt", sagt Uellendahl. Beträge bis zu 500 Euro pro Woche würden schon Minderjährige verzocken. "Und die Eltern merken in der Regel nichts, bis der Sohn wegen Fehlzeiten von der Schule fliegt oder straffällig geworden ist." Die Ambulanz biete Beratung und Information, Einzel-, Paar- und Familiengespräche sowie Krisenhilfe. Zudem führe "Game Over" Rehabilitationen durch. Wie bei Mario. Der 20-Jährige hatte sich total verschuldet.
Von den Eltern wurde Mario zu "Game Over" geschickt. Auch in der Behandlungszeit wurde der junge Mann rückfällig. "Jetzt ist er aber wieder bei uns aufgetaucht und hat sich stabilisiert", erzählt Uellendahl. Mario habe es nun nach anderthalb Jahren endlich geschafft, seine Schulden abzuzahlen. "Und ich glaube, er kriegt die Kurve."
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